So blieb den traditionellen Anleiheanlegern nichts anderes übrig, als auf Aktien mit verlässlich hoher Dividendenrendite umzuschwenken. Und da sind die Vertreter der Packaged Goods (verpackte Produkte), wie es im Englischen heißt, willkommen. Sie erwirtschaften einen konstanten Umsatz, da die Produkte des alltäglichen Lebens auch in Zeiten der Konjunkturschwäche unvermindert gekauft werden. Wer verzichtet schon auf das morgendliche Rasieren oder auf's Haarewaschen? Und kaum jemand spart an diesen Produkten die 40 Cent Preisunterschied zum billigen Wettbewerber. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Der Gewinn konnte durch Sparprogramme und Restrukturierungsmaßnahmen kontinuierlich erhöht werden. Technologischer Fortschritt, Nutzung von Billiglohnländern und ähnliche kleine Änderungen sorgten immer wieder für positive Überraschungen bei den Quartalszahlen.
Und dann war da noch die Phantasie der Schwellenländer. Wenn wir unsere täglichen Gewohnheiten auf die Schwellenlänger übertragen, dann ist eine Umsatzverzehnfachung allein aus Sicht der Bevölkerungszahlen nicht nur möglich, sondern fast schon logisch ... oder?
Nein, das ist nicht logisch. Die Schwellenländer sind noch weit davon entfernt, eine so breite Mittelschicht aufzubauen wie wir sie haben. Die bisherigen Erfolge sind in meinen Augen dadurch bestimmt, dass die dortige Oberschicht prozentual um ein Vielfaches größer ist als bei uns. Und diese Schicht hat flugs die Gewohnheiten der westlichen Welt übernommen. Vielleicht haben einige Produkte auch schon die Mittelschicht erobert, doch die ist viel kleiner als wir uns das vorstellen.
Im nächsten Schritt wird meiner Ansicht nach leider nicht die Mittelschicht stark ansteigen. Vielmehr erwarte ich gerade für die Mittelschicht, die für unsere Unternehmen so wichtig ist, schwere Zeiten. Schauen wir uns die jüngsten Entwicklungen einmal näher an:
In Indien gerät die Inflationsrate aus dem Ruder. In Brasilien haben die jüngsten Unruhen gezeigt, dass die Unterschicht noch einen weiten Weg vor sich hat, bevor sie sich Mittelschicht nennen kann. In China werden die Immobilienkredite gekürzt und stattdessen staatliche Konjunkturprogramme für Brücken und Infrastruktur aufgelegt, was erst später dem Volk zugute kommt. Und die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen vereisen sich gerade wieder aufgrund der Auseinandersetzung in Syrien.
Zudem erwartet man in den USA nun steigende Zinsen. Zu Zeiten der Null Prozent Zinsen hat sich das amerikanische Investitionskapital auf den Weltmärkten nach besseren Anlagemöglichkeiten umgeschaut. Nicht nur die Nestlés der Welt waren da gefragt, auch Direktinvestitionen in den BRICs hatten Hochkonjunktur. Diese Direktinvestitionen haben die Konjunktur der Schwellenländer positiv beeinflusst. Mit steigenden Zinsen dürften diese Direktinvestitionen künftig nachlassen. Es wird weitere Konjunkturprogramme geben müssen, um die angestrebten Wachstumsraten auch zu erzielen. Insbesondere Indien ist bereits zu hoch verschuldet, um hier noch Spielraum zu haben.
Klar, die USA ist nicht die ganze Welt. Wenn in den USA die Zinsen steigen, dann heißt das noch lange nicht, dass sie hier in Europa auch steigen. Doch für die Anleger dieser Welt ist das egal. Nach Jahren der fallenden und sodann niedrigen Zinsen ist nunmehr die Phase der steigenden Zinsen eigeläutet. Ob wir in Europa in ein oder drei Jahren nachziehen, spielt da nur eine untergeordnete Rolle. Klar ist, dass sich die Direktinvestitionen in den Schwellenländern nicht mehr ausweiten werden. Klar ist auch, dass die Nestlés dieser Welt vor dem Hintergrund gesundender Wirtschaften hüben und drüben heute schon nicht mehr so gefragt sein werden wie zuvor. Warum sollte ein Anleger auf die letzten paar Prozent Kursgewinn setzen, wenn der Löwenanteil des Kursanstiegs bereits erfolgte?
Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes in der abgelaufenen Woche entwickelt haben:
Wochenperformance der wichtigsten Indizes
Indizes | 29.08.2013 | Änderung Vorwoche |
---|---|---|
Dow Jones | 14.841 | -0,8 % |
DAX | 8.195 | -2,4 % |
Nikkei | 13.389 | -2,0 % |
Euro/US-Dollar | 1,32 | -0,8 % |
Euro/Yen | 129,79 | -1,7 % |
10-Jahres-US-Anleihe | 2,75 % | -0,15 % |
Umlaufrendite Dtl. | 1,52 % | -0,02 % |
Feinunze Gold | 1.396 $ | 1,5 % |
Fass Brent Öl | 115,13 $ | 4,6 % |
Kupfer | 7.136 $ | -2,9 % |
Baltic Dry Shipping | 1.136 | -1,9 % |
Ewig konnte sich der DAX dem Kurseinbruch der USA nicht entziehen, und so holte er diese Woche nach, was Dow Jones und S&P 500 bereits in den Vorwochen erlebten. Insbesondere die überaus erfreulichen Konjunkturdaten in Europa sorgen dafür, dass man eher früher denn später fürchtet, die EZB werde ebenfalls die lockere Geldpolitik zurückfahren.
Der Konflikt in Syrien hat nun mit etwas Verzögerung doch noch zu einem heftigen Preisanstieg auf den Ölmärkten geführt. Auch das Gold ist als sicherer Hafen wieder gefragt. Steigt der Ölpreis, so schwächt das die Weltwirtschaft. Entsprechend sind die Weltbörsen diese Woche ins Minus gedreht, der Kupferpreis als Thermometer der Industrie ist gefallen. Und, oh Wunder, Anleger suchen wieder die Sicherheit von Anleihen, die Rendite ist ebenfalls gefallen (Zur Erinnerung: Steigende Anleihepreise führen zu fallenden Renditen).
Der Einsatz chemischer Waffen in Syrien erfordert eine Antwort der Weltgemeinschaft. Da ist man sich einig. Doch wie soll die Antwort aussehen? In Großbritannien konnte Premier Cameron nicht genügend Unterstützung für eine militärische Antwort finden. Die meisten Länder pochen darauf, das Thema der UN zu überlassen, wo Russland jedoch jede militärische Aktion mit einem Veto vereiteln wird.
Gleichzeitig kommen in den USA nun wieder Ängste über die Budgetobergrenze auf: Der US-Haushalt hat wieder einmal die Obergrenze erreicht, und Obama braucht eine erneute Einigung mit der Opposition, um einen Kollaps der US-Finanzen zu verhindern. Beide Seiten zeigen sich natürlich im Vorfeld der Verhandlungen hart, was die Börsen belastet.
Jemand, der diese Ungewißheit ausgleichen könnte, heißt Ben Bernanke. Doch der ist amtsmüde und wird im Januar 2014 abtreten.
Ich würde sagen: "Da braut sich was zusammen."
Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.
Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.
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