(verpd) Verbraucher, die sich in ihrer Eigenschaft als Kunde über ein Unternehmen ärgern und sich mit diesem im Streitfall nicht einigen können, haben alternativ zu einer Gerichtsklage die Möglichkeit, eine Schlichtungsstelle zur Klärung des Konfliktes hinzuzuziehen. Eine gesetzlich anerkannte Schlichtungsstelle bietet eine kostenlose und unbürokratische Hilfe für Verbraucher, um Konflikte mit Händler oder Dienstleister außergerichtlich zu regeln. Seit der Jahreswende gibt es auch eine Universal-Schlichtungsstelle für alle Konflikte, für die keine branchenspezifischen Schlichtungsstellen existieren.
Schon seit einigen Jahren gibt es in jedem EU-Land auf Grundlage einer EU-Richtlinie zur Konfliktklärung zwischen Kunden und Unternehmern statt einer Gerichtsklage auch andere Möglichkeiten, wie Verbraucher ihr Recht einfordern können.
Bei einem Streit, den eine Privatperson als Kunde mit einem Unternehmen hat, kann diesbezüglich in Deutschland beispielsweise ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchgeführt werden. Dazu stehen entsprechende staatliche oder staatlich anerkannte Verbraucherschlichtungs-Stellen zur Verfügung, seit Anfang des Jahres nun auch eine Universal-Schlichtungsstelle des Bundes.
Kostenloses Streitbeilegungs-Verfahren für Privatpersonen
Ein Schlichtungsverfahren ist also möglich, wenn man als Kunde Ärger wegen einer gekauften Ware, einer nicht zufriedenstellenden Arbeit eines Handwerkers oder einer sonstigen in einem Kauf- oder Dienstleistungsvertrag zugesicherten Leistung einer Firma hat. Das Verfahren bei einer anerkannten Schlichtungsstelle ist laut Bundesregierung nicht nur eine einfache und schnelle Möglichkeit, den Streit beizulegen, sondern für den Verbraucher in der Regel bis auf eventuell anfallende eigenen Porto-, Fahrt- und Telefonkosten auch kostenlos.
Wer als Privatperson ein Streitschlichtungs-Verfahren nutzen will, muss sich als Verbraucher zuerst an die passende Schlichtungsstelle wenden und einen Schlichtungsantrag stellen. Hat man jedoch als Kunde bereits ein Gerichtsverfahren gegen einen Unternehmer angestrengt, ist in der Regel der für den Verbraucher kostenlose Schlichtungsweg über eine Schlichtungsstelle im Nachhinein nicht mehr möglich.
Wer jedoch ein Schlichtungsverfahren über die Schlichtungsstelle durchlaufen hat und mit dem Ergebnis der Streitbeilegung nicht zufrieden ist, kann immer noch mithilfe einer Gerichtsklage versuchen, seine Forderungen oder sein Recht durchzusetzen.
Zahlreiche branchenspezifische Schlichtungsstellen
Derzeit ist die Teilnahme an den Streitbeilegungs-Verfahren für viele Unternehmer noch freiwillig, außer sie sind bereits per Gesetz, Satzung oder sonstige vertragliche Vereinbarungen dazu verpflichtet. Jedes Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern muss jedoch seit 2017 im Webauftritt und in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darauf hinweisen, ob er sich bereit erklärt oder verpflichtet ist, an einem Schlichtungsverfahren vor einer Schlichtungsstelle teilzunehmen oder nicht.
Mittlerweile gibt es neben der Online-Streitbeilegungs-Plattform der Europäischen Kommission für Streitigkeiten aus Onlineverträgen, die Verbraucher mit einer Firma aus einem EU-Mitgliedstaat über das Internet abgeschlossen haben, auch diverse EU-weite und nationale Schlichtungsstellen.
Darunter sind beispielsweise folgende branchenspezifische Schlichtungsstellen:
- für Versicherungskunden: der Ombudsmann für Versicherungen und der Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung,
- für Bankkunden: die Schlichtungsstelle des Bankenverbands, des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands oder des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken,
- für Streitigkeiten aus Investmentfonds, Sach- oder Investmentvermögen: die Ombudsstelle für Investmentfonds und Ombudsstelle für Sachwerte und Investmentvermögen,
- für Passagiere von Bahn-, Flug- oder Busunternehmen und Reedereien: die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr,
- für Streitigkeiten rund um Telefon- und Telekommunikations-Dienstleistungen: die Schlichtungsstelle für Telekommunikation,
- für Streitigkeiten im Rahmen von Postdienstleistungen: die Schlichtungsstelle Post der Bundesnetzagentur,
- bei Konflikten mit dem Stromanbieter: die Schlichtungsstelle Energie,
- für Kunden von Kfz-Werkstätten und -Handel, sofern die Unternehmen der Kfz-Innung angehören: die Schiedsstelle des Kfz-Handwerks,
- für Anwaltsmandanten: die Schlichtungsstelle für Rechtsanwälte und
- für Kunden von Immobilienberatern, -maklern, -verwaltern und Bausachverständigen: der Ombudsmann Immobilien.
Neue universale Schlichtungsstelle des Bundes
Neben den meist branchenspezifischen Schlichtungsstellen gibt es seit dem 1. Januar 2020 auch eine neue Universal-Schlichtungsstelle (USS) des Bundes für Verbraucher-Streitigkeiten.
Diese neutrale Schlichtungsstelle ist für Verbraucher sowie Unternehmen gedacht, die ihre Streitigkeiten außergerichtlich beilegen wollen, wo aber im konkreten Fall keine branchenspezifischen Schlichtungsstellen weiterhelfen können.
Dies trifft zum Beispiel auf Unternehmen zu, die keiner branchenspezifischen Schlichtungsstelle angehören, denn nicht jede Firma muss sich einer solchen anschließen beziehungsweise dort Mitglied sein.
Weitere Informationen zur Verbraucherschlichtung
Umfassende Informationen zur Verbraucherschlichtung enthalten die Webportale des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) sowie der Universal-Schlichtungsstelle des Bundes (www.verbraucher-schlichter.de). Auskunft zum Schlichtungsverfahren und zu den Schlichtungsstellen gibt auch die herunterladbare BMJ-Broschüre „Liste der Verbraucher-Schlichtungsstellen“.
Details zu Schlichtungen bei Streitigkeiten um Onlineverträge bietet der Onlineauftritt des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland und deren herunterladbare Broschüre „Das ist Schlichtung“. Einen Leitfaden für Unternehmen zum Thema Verbraucherschlichtung steht beim BMJ zum Download zur Verfügung.
Wer übrigens einen Streit mithilfe eines Gerichtsverfahrens klären will oder muss, kann das dabei vorhandene Prozesskostenrisiko in vielen Fällen mit einer bestehenden und für den Streitfall passenden Rechtsschutzpolice umgehen. Eine Verkehrs-, Privat- und Berufsrechtsschutz-Police übernimmt zum Beispiel die Anwalts- und Gerichtskosten für zahlreiche Vertragsstreitigkeiten aus Verbraucherverträgen, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage gegeben hat.
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