(verpd) Wer sich als Kunde über einen Vertragspartner ärgert und mit ihn keine Einigung im Streitfall erreicht, kann versuchen, sein Recht mithilfe eines Rechtsanwaltes und einer Gerichtsklage durchzusetzen. Doch die Anwalts- und Gerichtskosten sind oftmals hoch. Alternativ gibt es seit einiger Zeit Schlichtungsstellen, die eine kostenlose und unbürokratische Hilfe für Verbraucher bieten, um Konflikte mit Händler oder Dienstleister zu regeln.
Es gibt schon länger eine EU-Richtlinie des Europäischen Parlaments, nach der es in jedem EU-Land für Streitigkeiten zwischen Kunden und Unternehmern statt einer Gerichtsklage auch andere Möglichkeiten gibt, damit ein Verbraucher sein Recht einfordern kann. Für alle Streitigkeiten im Rahmen von Verbraucherverträgen wurden in Deutschland entsprechende staatliche oder staatlich anerkannte Verbraucherschlichtungs-Stellen für außergerichtliche Schlichtungsverfahren geschaffen.
Schlichtung ist für den Verbraucher kostenlos
Wer als Kunde Ärger wegen einer bestellten oder bereits gelieferten Ware, Arbeit eines Handwerkers oder sonstigen in einem Kauf- oder Dienstleistungsvertrag zugesicherten Leistung einer Firma hat, kann also statt mit einer Gerichtsklage sein Verbraucherrecht über eine Schlichtungsstelle einfordern.
Ein solches Schlichtungsverfahren, das laut Bundesregierung eine einfache und schnelle Möglichkeit der Streitbeilegung bietet, ist für den Verbraucher in der Regel bis auf die eigenen Porto-, Fahrt- und Telefonkosten kostenlos. Nur in Missbrauchsfällen wird eine Gebühr von 30 Euro erhoben. Ist der Verbraucher mit dem Schlichtungsergebnis nicht einverstanden, kann er immer noch einen Rechtsanwalt einschalten und das betreffende Unternehmen vor Gericht verklagen.
Derzeit ist die Teilnahme an den Streitbeilegungs-Verfahren für viele Unternehmer noch freiwillig, außer sie sind bereits per Gesetz, Satzung oder sonstige vertragliche Vereinbarungen dazu verpflichtet. Jedes Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern muss jedoch seit Februar 2017 im Webauftritt und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darauf hinweisen, ob er sich bereit erklärt oder verpflichtet ist, an einem Schlichtungsverfahren vor einer Schlichtungsstelle teilzunehmen oder nicht.
Zahlreiche Schlichtungsstellen
Mittlerweile gibt es bereits diverse Schlichtungsstellen. Dazu zählt die Allgemeine Verbraucherschlichtungs-Stelle, an der sich Verbraucher bei Streitigkeiten mit einem Unternehmen wenden können, wenn es für die Angelegenheit keine branchenspezifische Schlichtungsstelle gibt. Darüber hinaus gibt es auch die Online-Streitbeilegungs-Plattform der Europäischen Kommission für Streitigkeiten aus Onlineverträgen, die Verbraucher mit einer Firma aus einem EU-Mitgliedstaat über das Internet abgeschlossen haben.
Außerdem stehen noch diverse branchenspezifische Schlichtungsstellen zur Verfügung. Eine umfassende Liste, für welche Verträge eine Schlichtung grundsätzlich möglich ist, vorausgesetzt der Unternehmer ist damit einverstanden, und welche Schlichtungsstellen es derzeit gibt, kann kostenlos online beim Bundesamt für Justiz heruntergeladen werden.
Nachfolgend Beispiele von branchenspezifischen Schlichtungsstellen
- für Versicherungskunden: der Ombudsmann für Versicherungen und der Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung,
- für Bankkunden: die Schlichtungsstelle des Bankenverbands, des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands oder des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken,
- für Streitigkeiten aus Investmentfonds, Sach- oder Investmentvermögen: die Ombudsstelle für Investmentfonds und Ombudsstelle für Sachwerte und Investmentvermögen,
- für Passagiere von Bahn-, Flug- oder Busunternehmen und Reedereien: die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr,
- für Streitigkeiten rund um Telefon- und Telekommunikations-Dienstleistungen: die Schlichtungsstelle für Telekommunikation,
- für Streitigkeiten im Rahmen von Postdienstleistungen: die Schlichtungsstelle Post der Bundesnetzagentur,
- bei Konflikten mit dem Stromanbieter: die Schlichtungsstelle Energie,
- für Kunden von Kfz-Werkstätten und -Handel, sofern die Unternehmen der Kfz-Innung angehören: die Schiedsstelle des Kfz-Handwerks,
- für Anwaltsmandanten: die Schlichtungsstelle für Rechtsanwälte,
- für Kunden von Immobilienberatern, -maklern, -verwaltern und Bausachverständigen: der Ombudsmann Immobilien und
- für Streitfälle zwischen Verbraucher und Unternehmer bei im Internet geschlossenen Verträgen: die Online-Schlichter – Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V.
Kostenschutz für alle Fälle
Um ein Streitschlichtungs-Verfahren anzustoßen, muss sich der Verbraucher zuerst an die Schlichtungsstelle wenden. Wurde jedoch bereits ein Gerichtsverfahren gegen einen Unternehmer angestrengt, ist in der Regel der für den Verbraucher kostenlose Schlichtungsweg über eine Schlichtungsstelle im Nachhinein nicht mehr möglich. Wer jedoch zuerst eine Streitbeilegung über die Schlichtungsstelle versucht und mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist, kann immer noch mithilfe einer Gerichtsklage versuchen, seine Forderungen oder sein Recht durchzusetzen.
Weitere Details zur Verbraucherschlichtung enthalten die Webauftritte des Bundesministeriums der Justiz und des Verbaucherschutzes (BMJV) sowie der Allgemeinen Verbraucherschlichtungs-Stelle des Zentrums für Schlichtung e.V. (www.verbraucher-schlichter.de). Informationen zu Schlichtungen bei Streitigkeiten um Onlineverträge bietet der Onlineauftritt des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland und deren herunterladbare Broschüre „Das ist Schlichtung“. Einen Leitfaden für Unternehmen zum Thema Verbraucherschlichtung steht beim BMJV zum Download zur Verfügung.
Wer keine Schlichtung will oder keinen Erfolg damit hat, kann mithilfe eines Gerichtsverfahrens versuchen, zu seinem Recht zu kommen. Das Kostenrisiko eines solchen Gerichtsstreits lässt sich mit einer passenden Rechtsschutzpolice umgehen. Eine bestehende Verkehrs-, Privat- und Berufsrechtsschutz-Police übernimmt zum Beispiel die Prozesskosten für zahlreiche Vertragsstreitigkeiten aus Verbraucherverträgen, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage gegeben hat.
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